
von Pamela Pabst, gelesen von Ingo Hoppe
Der Morgen des 8. August 1986 war freundlich, die Sonne schien und der Himmel war strahlend blau, doch in Schweiger sah es düster aus. „Vielleicht las schon in diesen Minuten der Staatsanwalt sein Geständnis. Links vor ihm tauchte das Kriminalgericht auf, ein mächtiges altes Gebäude aus verwittertem Sandstein mit zahlreichen Innenhöfen und zwei kupfergedeckten Türmen, deren Dächer grün leuchteten. Vielleicht war schon in einer Stunde alles vorbei. Vielleicht verhafteten sie ihn direkt aus dem Gerichtssaal heraus. Er spürte die warme Morgensonne im Nacken, und für den Bruchteil einer Sekunde fiel sein Blick auf das Knäuel schwarzen Stoffes neben sich auf dem Beifahrersitz – seine Robe – als plötzlich völlig unerwartet ein großer LKW aus der linken Seitenstraße schoß. Voller Schreck trat er so heftig auf die Bremse, daß der Wagen mit der Schnauze förmlich in den Straßenbelag einzutauchen schien, doch ein Anhalten wäre in dieser Situation niemandem geglückt. Schweigers roter Mercedes raste nahezu ungebremst frontal gegen die Vorderachse des LKW, es krachte ohrenbetäubend, Glas splitterte. Der LKW kam schließlich an einer Straßenlaterne zum Stehen und knickte diese um wie einen Grashalm. Fünf weitere PKW fuhren auf Schweigers Wagen auf und wurden erheblich beschädigt. Das letzte, was er vernahm, war, daß er hart mit dem Kopf gegen das Lenkrad schlug. Dann wurde es dunkel um ihn. Während die Insassen der beschädigten PKWs teils wütend, teils entsetzt aus ihren Fahrzeugen stiegen, sprang der Unfallfahrer Michael Lützow voller Panik aus dem Führerhaus und lief völlig kopflos davon. Er war sich sicher, soeben einen Menschen getötet zu haben. – Diesen Unfall konnte niemand überlebt haben.