Zwei Leben

Die Strafsache Wilhelm Schweiger

von Pamela Pabst, gelesen von Ingo Hoppe

13. Ein Mord  zweiter Teil

Wirklich spitzte sich die Lage jedoch am nächsten Morgen, Donnerstag, dem 6. August 1987, zu, als Doris Aalatt ihn ins Büro brachte, bevor sie selbst zum Amtsgericht Schöneberg fuhr. Kurz nachdem die Ampel von grün auf rot gesprungen war, überquerte eine junge Frau mit halblangem dunklen Haar die Straße. Er kannte die Frau, doch er nahm sie nicht wahr. Sie beobachtete, wie Doris Aalatt vor der Kanzlei hielt, einen Rollstuhl aus dem Kofferraum lud und ihren Beifahrer ins Haus brachte, um wenig später weiterzufahren. Einige Minuten später betrat sie das Wohn- und Bürohaus in der Potsdamer Straße 131 und läutete bei »Schweiger & Boysen – Rechtsanwälte und Notare«. Sie haßte ihn, doch was sollte sie tun? Die Angst trieb sie zu ihm. Angst vor Richard Gottwald und Niels Naumann, der noch immer bei ihr wohnte. Immer wieder hatte sie sich auf dem Weg zu ihm vergewissert, daß ihr auch niemand gefolgt war, der sie beobachtete. Doch jeder hätte es sein können, der Türke, der an der Straßenecke gestanden und in seinen Stadtplan vertieft gewesen war ebensogut wie der Typ, der gegenüber in der Hofeinfahrt an seinem Auto herumschraubte. Wilhelm Schweiger saß zu dieser Zeit gerade in Frau Genests Zimmer und hörte, wie diese an der Tür mit ihr sprach: »Was wollen Sie denn hier?!« sagte sie voller Überraschung, und zugleich schwang ein gewisses Maß Angewidertheit in ihrer Stimme mit. »Ist Ihr Chef da?« fragte Hannah Neelsen für ihn deutlich vernehmbar, doch kaum hatte er die Stimme erkannt, da durchfuhr ein schlagartiger Ruck seinen gesamten Körper und er schien in ein tiefes Loch zu fallen.