Zwei Leben

Die Strafsache Wilhelm Schweiger

von Pamela Pabst, gelesen von Ingo Hoppe

20. Ein Mord  dritter Teil

Er ärgerte sich über Paul Boysen. Warum hatte er ihr nur etwas gesagt! Seine arme Margot! »Es muß ein Schock für sie gewesen sein«, dachte er. Doch sofort mischte sich Angst vor weiteren Nachfragen in sein Mitgefühl. Wäre es doch nie herausgekommen! Auch wenn sie ihn nicht rausgeschmissen hatte, so fühlte er doch, daß er nicht so einfach nach Hause zurückkommen konnte als sei überhaupt nichts gewesen. Daran war Paul Boysen schuld, ein bißchen vielleicht auch er, aber vor allem Hannah Neelsen. Wäre sie nicht gewesen...
Er fuhr sich mit der rechten Hand über die Wange und stellte fest, daß sie sich bedenklich kratzig anfühlte. Jetzt mußte dringend etwas passieren, oder spätestens morgen fragte man ihn, ob er sich einen Bart stehen lassen wolle oder ob bei ihm zu Hause das Wasser abgestellt worden sei. Doch was sollte er nun tun?

Margot Schweiger war indessen ebenfalls aufgestanden und hatte realisiert, daß er verschwunden war. Der erste Schock hatte sich inzwischen gelegt, und richtig böse war sie ihm eigentlich auch nicht mehr. Es half ja nichts. Sie konnte die Dinge nicht mehr ungeschehen machen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie es nie erfahren hätte. Nahm man die Enthüllungen der letzten Tage, die Affäre mit Doris Aalatt, den Prozeß und den Unfall, so wäre dies selbst für dreißig Jahre Ehe eine Menge gewesen, die eine Scheidung gerechtfertigt hätte, doch sie wollte jetzt nicht alles hinwerfen. Warum er ihr das alles angetan hatte wußte sie zwar noch immer nicht, doch Margot Schweiger war überzeugt, daß er ganz sicher kein gewissenloser, berechnender und nur auf ein Abenteuer versessener Ehebrecher gewesen war. Das machte es erträglicher. Da sie wußte, wie pflichtbewußt er war, vermutete sie ihn in der Kanzlei und rief dort an.